20. August 2006

Teil 4: Real Men Don't Wear Pink...

...they eat it. Habe ich zumindest mal in einem amerikanischen Blog gelesen. Und damit wären wir beim eigenen Geschlecht. Erst habe ich mich gewundert, warum ich so wenig Antworten auf meine Mails bekomme. Nach reiflicher Überlegung habe ich das auf zwei mögliche Ursachen reduziert: entweder ich schreibe den falschen Frauen oder ich bin der falsche Typ. Deshalb habe ich mir mal die Verkaufsargumente des Mitbewerbs genauer angesehen und versucht, die Alleinstellungsmerkmale zu identifizieren. So suche ich jetzt nach Männern in meinem Alter – um das Bild nicht zu verfälschen natürlich als Frau.

Im Wesentlichen gibt es zwei Extremausprägungen, zwar mit verschiedenen Abstufungen, aber immer mit der Tendenz zu einer der beiden Kategorien. Zum einen sind das die Typen, die das Feminisierungsprogramm der Neunziger erfolgreich durchlaufen haben und nun – vermutlich sehr zum Entsetzen der Frauen, die ihnen das angetan haben - zu rückgratlosen, Cosmopolitan-konformen, asexuellen Bettvorlegern mutiert sind, weswegen sie dann wiederum verlassen wurden. Die sind sich nicht mal zu schade, in ihren Profilen stolz mitzuteilen, dass sie im Sitzen pinkeln. Was andererseits vermuten lässt, dass sie noch nie ein Badezimmer selber geputzt haben, sonst würden sie das nicht als besondere Leistung, sondern als normale Arbeitserleichterung ansehen. Einige adaptieren sogar das Lyrik-Format, dessen sich die Frauen in ihren Profilen gerne bedienen und das häufig von Antithesen geprägt ist „spontan, aber doch planend; robust und zerbrechlich u.s.w. Bei den Jungs geht das aber meistens in die Hose und klingt nicht gerade viel versprechend: stark aber manchmal auch schwach, mutig aber manchmal auch feige oder - mein absoluter Favorit – lustig aber manchmal auch ernst, eine wahrhaft seltene Kombination. Ich habe sogar einen gefunden, der den Blümchentapeten-Hintergrund ausgewählt hat. Die nennen sich dann Kuschelprinz, schreiben zwei DIN A4 Seiten Profil voll und erklären gerne wie häuslich, geschickt, rücksichtsvoll, anpassungsfähig und sozialverträglich sie doch sind. Mensch Jungs, die Mädels suchen doch keinen Hausangestellten!

Das andere Extrem sind die echten, bekennenden Machos, die DNA-Streuer, die mehr oder weniger offen ihre sexuellen Deviationen darstellen und damit ihre Ansprüche an die zukünftige Partnerin klar definieren: allzeit bereit, wenn möglich Modelmaße (aber Hauptsache allzeit bereit), zu allem bereit, Bedienung der wichtigsten Haushaltsgeräte wie Mikrowelle, Flaschenöffner und Waschmaschine, Kenntnisse in Automobilpflege und möglichst finanzielle Unabhängigkeit. Diese Jungs geben sich dann gerne martialische Namen wie Jeronimo und Al Capone oder sie benutzen möglichst symbolträchtige, starke Tiere oder technische Assoziationen. Vorsicht geboten ist immer dann, wenn absolute Nebensächlichkeiten oder Selbstverständlichkeiten hervorgehoben werden. Wenigtrinker, heißt vermutlich Gelegenheitssäufer (also säuft bei jeder Gelegenheit). Dass jemand mal ein Glas Bier oder Wein trinkt halte ich für relativ normal und nicht besonders erwähnenswert. Und dass man Alkoholiker ins Profil schreibt, ist wohl eher unwahrscheinlich, es sei denn man sucht Saufkumpanen.

Aber eins habe ich beim Lesen erkannt: mein Profil ist viel zu normal, geradezu langweilig. Bestimmt bekommen die Wasserbüffel, Breitschwänze und Steppenlöwen mehr Post. Vielleicht sollte ich mir mal ein Machoprofil zulegen...

14. August 2006

Teil 3: Die Leiden des alten W.

Heute habe ich ein zusätzliches Profil bei einem anderen Anbieter eingerichtet. Laut Test soll das Niveau hier etwas höher sein. Einen niveaugerechten Ersatz für das bescheuerte Foto habe ich natürlich noch nicht gefunden. Gleich auf der Startseite gibt es die ersten Vorschläge, die meinen Suchkriterien entsprechen, und gleich dort habe ich sie gefunden: ein sibyllinischer Name (kein ...chen), ein unwiderstehliches Lachen und am Schluss das Zauberwort: „Sportmuffel“. Es gibt sie also doch! Und zum ersten Mal schreibe ich spontan drauf los. Vor lauter Begeisterung bin ich nicht besonders eloquent, aber bereits am nächsten Morgen, 10:38 Uhr, ist eine Antwort da. Schnell einloggen – natürlich beim Passwort vertippt, noch mal, und... Enttäuschung macht sich breit, war wohl nur eine Höflichkeitsantwort, ein Satz, aber immerhin. Zwei weitere Mails bleiben schlichtweg unbeantwortet, obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben habe. Ich leide erst mal drei Tage, dann bin ich über den Berg. Geht doch nichts über ein gesundes Ego und den kleinen Kratzer bemerkt doch keiner. Sind auch schon ein paar deutliche Beulen drin. Ist schließlich ein fast 50 Jahre altes Gebraucht-Ego. Außerdem hätte es ja sein können, dass sie doch nicht die Traumfrau ist, so bleibt wenigstens die Illusion (wie war das mit dem Fuchs und den Trauben?)

Dafür habe ich Post aus dem ersten Portal. Da will mich doch tatsächlich jemand kennen lernen. Normaler Name, nichts Auffälliges im Profil und ein Minifoto, auf dem sie ziemlich entfernt aussieht. Das hat sie jetzt davon, die Traumfrau, treffe ich mich halt mit einer anderen. Na ja, war eine nette Abwechslung und ein freundliches Gespräch – kein Funkenflug und nicht Mrs. Right. STOP!!! Ich suche doch gar nicht nach der Traumfrau! Was ist jetzt mit mir los? War wohl doch ein größerer Lackschaden. Zur Sicherheit mache ich ein paar Überstunden mehr und meide Dating-Sites für die nächsten Tage.

Ok, Ego ausgebeult und frisch lackiert. Schnell über die Startseite geklickt und rein in die Suche. An die bunte Tierchen-Welt habe ich mich inzwischen gewöhnt. Was mir hier auffällt ist jedoch die signifikante Häufung der Worte „gut verteilt“ hinter der Gewichtsangabe - das kannte ich bisher nur von Schurzelchen47. 162 cm, 89 kg, gut verteilt (das muss man ja wohl gut verteilen), 172 cm, 59 kg, gut verteilt (das wiederum kann nur gut verteilt sein), 166 cm, 65 kg, gut verteilt (das ist zumindest einen Hinweis wert). Über die genauen Verteilungskriterien schweigt frau sich allerdings aus, für einen Ingenieur ist die Angabe somit wertlos.

Der zweite Begriff, über den ich stolpere, ist „tageslichttauglich“! Fast alle Mädels sind hier tageslichttauglich. Zweifel nagen, wo bin ich da rein geraten, habe ich das heimliche Vampir-Portal erwischt, und werde ich am Ende ausgesaugt, wenn ich mich mit einer tageslichttauglichen Vampir-Lady treffe? Nach zwei Staffeln „Buffy, the Vampire Slayer“, mit meiner damals 13jährigen Tochter, kenne ich mich aus und weiß solche Hinweise zu deuten. Was soll’s, eigentlich bin ich ja selbst ein Wesen der Nacht, kann also nur besser werden...

9. August 2006

Teil2: Neues Portal - neues Glück?

Es gibt einfach keine vernünftigen Fotos von mir. Mit meinem Pass habe bei der Einreise in die USA jedes Mal Probleme, ein langer fragender Blick, dann die Einsicht, dass schon mehrere Stempel drin sind. Klar, ich kenn den Typen selbst nicht, der mich da anschaut. Das war schon immer so, und selbst ein Profi ist kläglich gescheitert. Deshalb bin ich seit frühster Kindheit etwas fotoscheu. Anfang des Jahres hat mich ein Kollege in Barcelona beim Essen erwischt. Das Bild ist genau so bescheuert wie alle anderen, aber wenigsten neu. Aber wofür arbeitet man im Marketing und wozu gibt es Adobe. Zweimal Unschärfe, damit man den Sonnenbrand nicht gerade so sieht, den Hintergrund ein wenig verschwummert, leicht aufgehellt und schon sieht’s aus wie die meisten miesen Amateurfotos. Vielleicht lag’s ja nur am ersten Bild, das war noch wesentlich schlechter und fünf Jahre alt, aber mann wird ja schließlich reifer.

Also rein ins neue Portal. Gleich zu Beginn eine Künstlerin, interessant bis zum letzten Satz. Sie sucht den Mann, der sie „intelektuell (! Originalschreibweise) und materiell absichert“. Na also, da hätten wir’s doch. Habe keine Ahnung wie man jemand intel(l)ektuell absichert. Ansonsten die gewohnten Knuddeltiere, Kleinnager und alles was so rum fliegt. Bis dato hatten meine bescheidenen Entomologiekenntnisse nur Mai-, Juni- und Julikäfer verzeichnet, jetzt weiß ich, dass es auch Februarkäfer gibt. Wie gesagt, das Suchprofil steht immer noch auf 42 bis 49.

Dafür gibt es hier nach ein paar Tagen Profilvorschläge per E-Mail. Nummer zwei macht mich stutzig - Wonneproppen47. Kein Foto, keine Gewichtsangabe. Aber am Ungedicht erkenne ich doch gleich das Schnurzelchen47 aus Teil 1 des Blogs. Gott sei Dank verwende ich denselben Profilnamen wie vorher und sie schreibt mich (bis heute) nicht an. Ein paar Kilo mehr stören mich nicht, ich bin ja auch kein griechischer Gott, aber irgendwo gibt es Grenzen. (Liebe Schnurzelchen 1 bis 46 und >=48 verzeiht mir, ich rede nicht von euch).

Ein Bienchen sucht „Partner für angeregte Gespräche, z.B. über die Unsinnigkeit von Konsumzwang“. Ich frage sie, ob sie auch am Weltfrieden interessiert sei. Scheinbar nicht, keine Antwort. Das Foto ist sehr aufschlussreich, neben dem durchaus attraktiven Bienchen steht ein ebensolches pinkfarbenes Prada-Täschchen. Da kenn ich mich aus, so was schleppt meine Tochter immer aus dem Outlet im Tessin an. Um sie anzumailen muss ich erst eine Premium-Mitgliedschaft erwerben. Macht nix, das war’s mir wert. Soviel zur Gleichberechtigung, Frauen dürfen schreiben, Männer müssen zahlen, wenn sie antworten wollen. Da drängt sich doch die Frage auf, ob die Profile und Mails alle echt sind, oder ob da der eine oder andere Portalbetreiber nachhilft, seinen Premium-Mitglieder-Schnitt zu heben.

Aha, in diesem Portal gibt es eine Funktion, die einem anzeigt, wer das eigene Profil angeschaut hat. Ein Hasilein, 174 cm (also eher ein großes Exemplar der Familie Leporidae), beschwert sich doch glatt, ich hätte ihr Profil bereits fünf Mal angeschaut und mich nicht gemeldet. So was gibt’s also auch, wusste nicht, dass man dazu verpflichtet ist. Um meinen Premium-Mitglieds-Beitrag auszunutzen antworte ich und weise sie, um ihre Gefühle nicht zu verletzen, auf ihre Suchkriterien hin: "Größe mindestens 180 cm, sonst keine Antwort!" Mein Gewicht passt ja, ich bin einfach drei cm zu klein und alle Hausmittel haben bisher versagt. Ich werde mein Idealgewicht nie erreichen, wenn ich nicht mehr wachse. Meine Waage sagt 182 cm, mein Maßband leider nur 177 cm. Das Argument lässt sie nicht gelten, man könne es ja trotzdem mal versuchen, wenn man Interesse habe. Ich beginne Klischees als Tatsachen zu erkennen...


3. August 2006

Endlich wieder Single...

Da habe ich es nach 20 Jahren Krieg also endlich geschafft:

Free again! Time to have a party!

Das bedeutet aber auch, um in der Diktion von Mrs. Streisand zu bleiben:

Back in circulation now!

Für mich kein Problem, ich genieße die Freiheit, aber man hat ja noch ein paar Freunde, Kollegen und die sonstigen üblichen Verdächtigen, die sich immer mit gut gemeinten Ratschlägen in anderer Leute Leben einmischen. Und die nehmen es mit der Zirkulation ziemlich ernst. Kein Geburtstagsfest, keine Party, keine Einladung, ohne dass da rein zufällig die frisch verlassene Großcousine dritten Grades anwesend wäre, mit der man dann nach der offiziellen Vorstellung im Garten ganz unauffällig alleine gelassen wird, weil alle was furchtbar Wichtiges zu erledigen haben. Natürlich nichts so Wichtiges, dass man sich nicht an der Wintergartenscheibe die Nase platt drücken könnte.

In der Regel beginnt mein Körper nach fünf Minuten, von rudimentären Trieben gelenkt, Herzfrequenz und Adrenalinproduktion zu erhöhen. Eine klassische Verhaltensweise des Jägers setzt ein: FLUCHT! An den Frauen, mit denen mich meine Bekannten zu verkuppeln versuchen, merke ich erst wie wenig ich ihnen zu bedeuten scheine. Frauen, denen bei Literatur spontan Hera Lind einfällt oder „Beim nächsten Mann wird alles anders“. Ha, wer’s glaubt! Machen sie doch gerade wieder dieselben Fehler. Nächster Versuch: Kultur! Fünf Kochrezepte später (die Frau meines Freundes hatte ihr erzählt, dass ich auch gern koche...). Wieso klingelt das Handy nicht? Dann endlich! Die 14jährige Tochter des Gastgebers ignoriert die Bemühungen ihrer Eltern und fragt, ob ich ihr eine CD in mp3 rippen kann, weil das bei der CD nicht funktioniert. Aber klar doch, ich mag Kinder und kann ihnen nichts abschlagen. Ich entschuldige mich höflich für eine viertel Stunde. Drei Stunden später ist die CD gerippt, das Betriebssystem optimiert, der Rechner entwurmt und entseucht, 24 Reste von Spieledemos entfernt, der Vogue Schminkbaukasten installiert, die Großcousine weg, die Party vorbei und ein Teenager glücklich. Schöner Abend, ehrlich.

Bevor ich jetzt auch noch die letzten Freunde verliere, entschließe ich mich zur Gegenoffensive. Eine Begleiterin muss her. Es muss doch eine Frau geben, die ähnliche Interessen hat, genug Selbstbewusstsein, die Dinge so nehmen wie sie kommen und nicht gleich wieder klammert, die einen zu genau solchen Festen begleitet oder vielleicht sogar dasselbe Problem hat. Wo sucht man so was, wenn man 18 Stunden am Tag online ist? Natürlich im Internet. Da werde ich doch täglich mit Spam von Dating Portalen überschwemmt. Ich entscheide mich also nach einigen Recherchen für einen regionalen Anbieter und richte mein Profil ein.

Mit Ende 40 suche ich natürlich nicht nach dem 22jährigen, finanziell unabhängigen, großzügigen Fotomodell. Ok, ich denke das sucht auch nicht nach mir, und ich will mir nicht gleich am Anfang jede Illusion nehmen. Außerdem habe ich eine 20jährige Tochter, das könnte ich ’eh nicht. Also tippe ich beim Alter 42 bis 49 ein und komme mir ein wenig wie im Versandhauskatalog vor, als ich feststelle, dass ich meine Suche jetzt noch nach Größe, Gewicht, Haarfarbe, Augenfarbe, Entfernung und weiteren Suchbegriffen verfeinern kann. Das lass ich erst mal alles offen (wird sich später noch rächen). Meine eigenen Daten gebe ich so ehrlich wie möglich ein... wer hat da gerade gelacht? Mein Gott, das eine Kilo! Muss doch jeder einsehen, dass 79 kg besser klingt als 80, die Marktwirtschaft macht’s uns doch täglich vor. Und dann schicke ich die Anmeldung ab – nach zwei von Selbstzweifeln gequälten Zigarettenpausen auf dem Balkon und einem Beruhigungsweißbier. Klick! Wech!

Erste Profilsuche und erster Schock. Es wimmelt nur so von Kuschelbären, diversen Hexenarten, sämtlichen Sorten von Teufelchen und Flotten Bienen (da weiß man wenigstens sofort aus welchem Jahrgang sie kommen). Ich überprüfe meine Angaben bezüglich des Alters und beschließe, nachdem ich sicher gestellt habe, dass ich nicht versehentlich 12 bis 19 eingegeben habe, noch nicht sofort aktiv zu werden, sondern erst mal ein paar Tage zu stöbern.

Dann der zweite Schock. Die Kuschelbärinnen scheinen ausnahmslos Hochleistungssportlerinnen zu sein. Im Feld Interessen stehen so viele Sportarten, dass ich nicht ohne zu scrollen ans Ende der Liste komme. Dabei haben die doch alle gute Jobs wie sie sagen. Wie kann man neben seinem guten Job, der einen ausfüllt, auch noch 24 verschiedene Sportarten betreiben und sich dann wundern, dass man niemand kennen lernt? Vielleicht mal nach links oder rechts schauen, während man auf dem Crosstrainer schwitzt, meine Damen? Als regelmäßiger heißer Favorit für den Unsportler des Jahres kommt das für mich natürlich nicht in Frage. Ich halte meine 79 kg nur aufgrund guter genetischer Vorraussetzungen (danke Opa!). Ich warte weiter.

Dann eines Tages die erste Mail vom Dating Portal: Sie haben Post! Schnurzelchen47 möchte mich kennen lernen. Ein Klick auf das Profil zeigt ein Bild mit seeehr viel Schnurzelchen drauf, Schurzelchen ist 1,56 m groß, Gewicht wird mit „sehr fraulich aber gut verteilt“ beschrieben, und das Foto weist auch auf eine sehr homogene Verteilung hin. Sportarten Badminton und Tennis - das möchte ich wirklich mal live sehen - im Winter Skifahren. Wann sonst? Dann folgt als Beschreibung ein Un-Gedicht aus der Rubrik Helden der Lyrik. Ich muss gestehen, obwohl ich mich etwas schäme, dass ich im ersten Schock mein Profil bei diesem Anbieter sofort gelöscht und mich erst eine Woche später beim nächsten angemeldet habe...