3. August 2006

Endlich wieder Single...

Da habe ich es nach 20 Jahren Krieg also endlich geschafft:

Free again! Time to have a party!

Das bedeutet aber auch, um in der Diktion von Mrs. Streisand zu bleiben:

Back in circulation now!

Für mich kein Problem, ich genieße die Freiheit, aber man hat ja noch ein paar Freunde, Kollegen und die sonstigen üblichen Verdächtigen, die sich immer mit gut gemeinten Ratschlägen in anderer Leute Leben einmischen. Und die nehmen es mit der Zirkulation ziemlich ernst. Kein Geburtstagsfest, keine Party, keine Einladung, ohne dass da rein zufällig die frisch verlassene Großcousine dritten Grades anwesend wäre, mit der man dann nach der offiziellen Vorstellung im Garten ganz unauffällig alleine gelassen wird, weil alle was furchtbar Wichtiges zu erledigen haben. Natürlich nichts so Wichtiges, dass man sich nicht an der Wintergartenscheibe die Nase platt drücken könnte.

In der Regel beginnt mein Körper nach fünf Minuten, von rudimentären Trieben gelenkt, Herzfrequenz und Adrenalinproduktion zu erhöhen. Eine klassische Verhaltensweise des Jägers setzt ein: FLUCHT! An den Frauen, mit denen mich meine Bekannten zu verkuppeln versuchen, merke ich erst wie wenig ich ihnen zu bedeuten scheine. Frauen, denen bei Literatur spontan Hera Lind einfällt oder „Beim nächsten Mann wird alles anders“. Ha, wer’s glaubt! Machen sie doch gerade wieder dieselben Fehler. Nächster Versuch: Kultur! Fünf Kochrezepte später (die Frau meines Freundes hatte ihr erzählt, dass ich auch gern koche...). Wieso klingelt das Handy nicht? Dann endlich! Die 14jährige Tochter des Gastgebers ignoriert die Bemühungen ihrer Eltern und fragt, ob ich ihr eine CD in mp3 rippen kann, weil das bei der CD nicht funktioniert. Aber klar doch, ich mag Kinder und kann ihnen nichts abschlagen. Ich entschuldige mich höflich für eine viertel Stunde. Drei Stunden später ist die CD gerippt, das Betriebssystem optimiert, der Rechner entwurmt und entseucht, 24 Reste von Spieledemos entfernt, der Vogue Schminkbaukasten installiert, die Großcousine weg, die Party vorbei und ein Teenager glücklich. Schöner Abend, ehrlich.

Bevor ich jetzt auch noch die letzten Freunde verliere, entschließe ich mich zur Gegenoffensive. Eine Begleiterin muss her. Es muss doch eine Frau geben, die ähnliche Interessen hat, genug Selbstbewusstsein, die Dinge so nehmen wie sie kommen und nicht gleich wieder klammert, die einen zu genau solchen Festen begleitet oder vielleicht sogar dasselbe Problem hat. Wo sucht man so was, wenn man 18 Stunden am Tag online ist? Natürlich im Internet. Da werde ich doch täglich mit Spam von Dating Portalen überschwemmt. Ich entscheide mich also nach einigen Recherchen für einen regionalen Anbieter und richte mein Profil ein.

Mit Ende 40 suche ich natürlich nicht nach dem 22jährigen, finanziell unabhängigen, großzügigen Fotomodell. Ok, ich denke das sucht auch nicht nach mir, und ich will mir nicht gleich am Anfang jede Illusion nehmen. Außerdem habe ich eine 20jährige Tochter, das könnte ich ’eh nicht. Also tippe ich beim Alter 42 bis 49 ein und komme mir ein wenig wie im Versandhauskatalog vor, als ich feststelle, dass ich meine Suche jetzt noch nach Größe, Gewicht, Haarfarbe, Augenfarbe, Entfernung und weiteren Suchbegriffen verfeinern kann. Das lass ich erst mal alles offen (wird sich später noch rächen). Meine eigenen Daten gebe ich so ehrlich wie möglich ein... wer hat da gerade gelacht? Mein Gott, das eine Kilo! Muss doch jeder einsehen, dass 79 kg besser klingt als 80, die Marktwirtschaft macht’s uns doch täglich vor. Und dann schicke ich die Anmeldung ab – nach zwei von Selbstzweifeln gequälten Zigarettenpausen auf dem Balkon und einem Beruhigungsweißbier. Klick! Wech!

Erste Profilsuche und erster Schock. Es wimmelt nur so von Kuschelbären, diversen Hexenarten, sämtlichen Sorten von Teufelchen und Flotten Bienen (da weiß man wenigstens sofort aus welchem Jahrgang sie kommen). Ich überprüfe meine Angaben bezüglich des Alters und beschließe, nachdem ich sicher gestellt habe, dass ich nicht versehentlich 12 bis 19 eingegeben habe, noch nicht sofort aktiv zu werden, sondern erst mal ein paar Tage zu stöbern.

Dann der zweite Schock. Die Kuschelbärinnen scheinen ausnahmslos Hochleistungssportlerinnen zu sein. Im Feld Interessen stehen so viele Sportarten, dass ich nicht ohne zu scrollen ans Ende der Liste komme. Dabei haben die doch alle gute Jobs wie sie sagen. Wie kann man neben seinem guten Job, der einen ausfüllt, auch noch 24 verschiedene Sportarten betreiben und sich dann wundern, dass man niemand kennen lernt? Vielleicht mal nach links oder rechts schauen, während man auf dem Crosstrainer schwitzt, meine Damen? Als regelmäßiger heißer Favorit für den Unsportler des Jahres kommt das für mich natürlich nicht in Frage. Ich halte meine 79 kg nur aufgrund guter genetischer Vorraussetzungen (danke Opa!). Ich warte weiter.

Dann eines Tages die erste Mail vom Dating Portal: Sie haben Post! Schnurzelchen47 möchte mich kennen lernen. Ein Klick auf das Profil zeigt ein Bild mit seeehr viel Schnurzelchen drauf, Schurzelchen ist 1,56 m groß, Gewicht wird mit „sehr fraulich aber gut verteilt“ beschrieben, und das Foto weist auch auf eine sehr homogene Verteilung hin. Sportarten Badminton und Tennis - das möchte ich wirklich mal live sehen - im Winter Skifahren. Wann sonst? Dann folgt als Beschreibung ein Un-Gedicht aus der Rubrik Helden der Lyrik. Ich muss gestehen, obwohl ich mich etwas schäme, dass ich im ersten Schock mein Profil bei diesem Anbieter sofort gelöscht und mich erst eine Woche später beim nächsten angemeldet habe...

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