9. Dezember 2006

Mr. Wrong and friends #1

Freunde der Nacht,

obwohl mir inzwischen der Stoff ausgegangen ist, weil mich die Dating-Portale langweilen und ich meine Profile gelöscht habe, möchte ich meine treuen Leser nicht enttäuschen und mache weiter. Danke für eure Mails.

Stellt sich also die Frage, womit ich weitermache – mit Dating-Geschichten natürlich, nur nicht mit meinen eigenen, sondern mit denen von drei meiner besten Freunde. Diese Jungs liefern Stoff für ein ganzes Buch, das wurde mir kürzlich bei einem gemeinsamen Besuch unseres Stammlokals im Münchener Westend klar. Keine Ahnung warum ich nicht früher drauf gekommen bin. Dazwischen werde ich locker weitere Geschichten zum selben Thema einstreuen. Die haben aber dann eine andere Überschrift und werden nicht fortlaufend nummeriert.

Ok, dann will ich euch die Protagonisten meines Blogs mal kurz vorstellen:

Peter, 45 Jahre alt, Jurist, Möchte-gern-Lebemann mit abstrusen Vorstellungen von gutem Sex, seit nunmehr fast acht Jahren glücklich geschieden und in diversen Beziehungen nie wieder glücklich geworden. Peter ist etwas ängstlich, weshalb er es auch nie riskiert hat, sich als Anwalt selbstständig zu machen, sondern lieber eine Festanstellung bei einer staatlichen Dienststelle angenommen hat, um als Beamter Karriere zu machen. Sein Lebensmotto: Egal wie schlimm die Situation auch ist, sie bietet immer noch genug Spielraum, um sich weiter zu verschlechtern. Um dem vorzubeugen sammelt er alles, was er an Daten bekommen kann, fein säuberlich in seinem PDA und kann auf Knopfdruck reproduzieren, wo er im Urlaub 1994 in Meran gegessen hat, wie der Wirt hieß und welche Weine es in der Getränkekarte gab.

Konny, 46 Jahre, PR-Manager, der kopf-gesteuerte Intellektuelle, interessiert sich für alles und gilt als wandelndes Lexikon, solange er sich nicht daran erinnern muss, wo sein Autoschlüssel, seine Lesebrille oder das Handy liegen. Er kann nicht mal in Liebesangelegenheiten den Verstand abschalten und vermasselt so alle seine Chancen. Konny ist nach 15 Jahren Martyrium frisch geschieden. Dabei war seine Ehe eigentlich ein Unfall, weil seine Ex ihm nach dem Kennenlernen einfach nicht genug Zeit zum Nachdenken ließ, sondern ihn quasi en passant geschlagen hat. Konny verliebt sich bevorzugt in die falschen Frauen und ist deshalb seit geraumer Zeit solo, die letzten Jahre seiner Ehe mitgezählt. Er wird deshalb von seinen Freunden gerne als Mr. Monk bezeichnet. Das hasst er zwar fast noch mehr als die kindische Abkürzung Konny, aber irgendwie interessiert das keinen.

Michael, 45 Jahre, Journalist, kennt jeden, kommt überall rein und ist ungeheuer wichtig. Er ist grundsätzlich immer erreichbar, hat ständig sein Handy am Ohr oder den Organizer auf dem Tisch, kennt alle Hotspots der Stadt, jeden Herrenausstatter und jeden neuen Trend. Michael hat zwei Scheidungen hinter sich und erzählt am liebsten wie ihn seine beiden Ehefrauen abgezockt haben. Nach der zweiten Scheidung hatte er sogar ein paar Tage mit dem Gedanken gespielt, seinen Porsche zu verkaufen und aus seinem schicken Schwabinger Dachterrassen-Apartment nach Moosach umzuziehen, aber sein Anwalt und sein Steuerberater konnten das dann doch noch verhindern. Michael stürzt sich von einer Beziehung in die nächste und ist abwechselnd total verliebt oder spielt mit dem Gedanken schwul zu werden.

Und jetzt zum Abend, an dem Idee zu diesem Blog geboren wurde. Ich hatte wie üblich unseren Stammtisch am Fenster bestellt. Es muss dieser Tisch sein, denn Michael kennt jemand, der im Gebäude gegenüber arbeitet und hat deshalb die Zugangsdaten zu dessen Firmen WLAN, das allerdings nur diesem speziellen Platz mit ausreichender Signalstärke ankommt. Peter nimmt wie üblich neben Michael Platz, weil er es nicht erträgt, mit dem Rücken zur Eingangstür zu sitzen. Außerdem kann er von dort aus direkt auf die Bar schauen und Blickkontakt zu Katja, unserer Lieblingsbedienung aufnehmen, die mittwochs immer dort arbeitet. Katja kennt meinen Blog und begrüßt uns wie gewohnt mit: „Ah Mr. Wrong and friends, grüß euch!“ Sie bringt uns ohne weitere Aufforderung unsere Getränke, zwei dunkle Weißbier, ein Helles und eine Cola light, nachdem sie sich durch einen kurzen Blick aus dem Fenster davon überzeugt hat, dass Michaels Porsche in der Feuerwehrzufahrt zum Firmengebäude gegenüber steht. Peter himmelt sie an. Er ist fest davon überzeugt, dass ihr neuer Freund, den wir vor ein paar Wochen durch Zufall kennen gelernt haben, überhaupt nicht zu ihr passt. Zur Überraschung aller, teilt er uns das mit, sobald sie zur Bar zurückgegangen ist. Konny wirkt wie so häufig in letzter Zeit ein wenig abwesend und versucht wohl gerade wieder eine mathematische Struktur im Muster der Tischdecke zu identifizieren, wobei er sich gedankenverloren eine Zigarette anzündet. „Ich denke, du hast aufgehört“, raunzt ihn Peter, ein militanter Nichtraucher, sofort an. „Ja, hab’ ich auch“, antwortet Konny, schaut für einen Augenblick auf die Zigarette zwischen seinen Fingern und hängt weiter seinen Gedanken nach. Und dann kommt das Gespräch aufs Thema Nr. 1. In diesem Moment wusste ich plötzlich wie mein Blog weitergehen wird...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja JA jajaaaaaa
Schön, dass es weiter geht! Ich brauche ja Stoff!

Lg Takarina

Alexander Broy hat gesagt…

Toll geschrieben. Flott und so nah an der Wahrheit. Ich kenne diese Portale alle wieder, die Nicknames und die "gut verteilten" Speckröllchen. Danke Mr. Wrong. Aber auch die andere Seite habe ich mir angehört, die Frauen deren Herzen dort gebrochen wurden ... Ein wundervolles Thema. Bitte mach weiter.

Alexander Broy
http://www.schundroman.de